Unter mir der breite Fluss, hinter mir ein Arbeitstag am Schreibtisch. Die Tür hinter mir schließend, entschied ich nicht nach Hause zu gehen, sondern zur Kirmes. Schon seit einiger Zeit konnte ich den Aufbau der Fahrgeschäfte von weitem sehen, die Silhouette auf der anderen Seite des Flusses veränderte sich stetig und weckte meine Neugierde. Auf der Brücke ist es bereits voller Menschen. Ich gehe schnell, fühle meinen Körper, genieße den Weg. Unter uns am Flussufer in langer Reihe aufgereiht eine Gruppe Verkehrskadetten, leuchtend orange gekleidet. Kurz drauf tauche ich ein in diese Mischung aus zu lauter Musik und visueller Überfülle. Mein erstes Foto ist der schöne Schriftzug ‚Gagliardi’. Es duftet nach gebrannten Mandeln. An der Kasse gegenüber entdecke ich die gleiche Frau, die auch letztes Jahr hier saß und zwischen dem Verkauf von Tickets aus ihrem Häuschen heraus die Menge beobachtet. Schreie wehen aus den Karussells herüber. Eine Live-Band spielt, und niemand hört zu. Alles ist ein bisschen wahnsinnig und überdreht. Farben, Lichter, Airbrushmonster, Wasser, tiefblauer Himmel, der Mond.
„Warum gehst du eigentlich so gerne hierher?“, fragt meine Freundin mich. Wir sitzen bereits eine Weile auf der Bank vor der Schiffschaukel, umgeben von lauter Musik. Auf dem freien Ende der Bank neben uns nehmen die unterschiedlichsten Menschen Platz. Eine Familie, die sich eine Pizza teilt, zwei megagestylte Frauen, deren Tattoos uns beeindrucken, und jemand, der sich einfach mal ausruhen muss. „In dem Chaos an Tönen, Formen, Farben, Menschen kann ich Ruhe finden, aufmerksam sein und mich überraschen lassen. Und es ist ein Ort, an dem alle sind und sich vergnügen.“ Kaum habe ich den Satz ausgesprochen, schlendert Campino vorbei.
In der Galerie zeige ich die Bilder vieler Spaziergänge, einiger Jahre.
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