Kreativität

„Meine Kreativität ist so angeregt!“ sagt eine Teilnehmerin voller Begeisterung. Ich höre dies nicht zum ersten Mal am Ende eines Miksang Wochenendes, freue mich, nehme es als Wertschätzung für das sich in ihr eröffnet hat. Einige Tage später merke ich: der Satz klingt in mir nach. Ich kenne auch diese, nennen wir es Energie in mir, die ich mit einer angeregten Kreativität benennen könnte. Bei mir beschreibt das ein Gefühl für Potential, etwas gestalten wollen.

Oft denke ich dann, jetzt könnte ich das langgehegte Projekt beginnen, endlich mehr mit den tiefschwarzen Stiften und Pinseln in Schwüngen auf feinem Papier schreiben oder gar kalligrafieren lernen – zum Beispiel. Das führt mich aber auch in meine (persönliche) Falle, dass Vorhaben vielleicht zu groß sind, zu viel Lernen bedürfen, als es in meinen Alltag passt.

Zufällig begegne ich am Samstagmorgen der Podcastepisode von ‚Smarter Leben’ mit Melanie Raabe über Kreativität. Samstage sind für mich oft voller Freiheit sie zu verbringen. Eine offene Zeit, in der ich meinen Impulsen folge und doch am Ende Blumen und Gemüse auf dem Markt gekauft habe, eine besondere Stelle in der Wohnung aufräume oder reinige, die Kamera nah. Auch meine Gedanken mögen diese sich wiederholenden, einfachen Tätigkeiten und sortieren sich. Der Podcast begleitet mich heute. Melanie Raabe definiert den Begriff Kreativität sehr zugänglich und sie beschreibt wie kostbar es ist eine Form zu finden sich auszudrücken. Etwas zu haben zu dem du immer zurückkommen kannst. Und: „Hauptsache anfangen! Material einkaufen und horten ist nicht anfangen.“ Ich fühle mich erwischt, alle Stifte und Papiere für die Kalligrafie sind bereits hier.

Kreativität entkoppeln von Konsum, von Leistung, von Verpflichtung, von der Erwartung gut oder schlecht zu sein. Sie beschreibt anhand von Beispielen wie wichtig es ist, die eigene Form zu finden. Ich fühle mich sehr verbunden mit ihrem Umgang mit Vergleichen, mit Wettbewerb. Die Autorin verordnet sich ein Lektüreverbot, wenn sie beginnt ein Buch über ein bestimmtes Thema zu schreiben. Das bestätigt mich ungemein. So bekam ich, als ich begann, mein Buch ‚Freude am Sehen’ zu schreiben, häufiger den Hinweis, dass ganz sicher eine gute Recherche dessen dazugehört, was auf dem Markt ist. Ich habe dann genickt und insgeheim gedacht, dass ich ganz sicher nicht die vergleichbaren Bücher lesen werde. Denn mein Gefühl war, dann verliere ich meine eigenen Gedanken und deren Ausdruck. Mir ging es darum frische Verbindungen in mir selbst aufzuspüren. Ich ging mit einem bestimmten Begriff, mit Notizbuch und Kamera stundenlang spazieren, landete in einem Café oder Museum und schrieb Fragmente. Erstmal musste nichts passen, manchmal tauchten die Gedanken beim Gehen auf und ich sprach sie in mein Telefon.

Ein anderer Aspekt des Vergleichens ist bei vielen ein tief verankerter Wunsch, sie müssten einzigartig sein. Einzigartig sogar gegenüber sich selbst. Warum? Mein Lehrer sagte immer ‚lean into it’ (lehn dich hinein) das hat mir persönlich oft geholfen nicht zu stolpern in diesem Wunsch nach Einzigartigkeit, sondern vielleicht tiefer zu gehen und keine Angst vor Wiederholungen zu haben.

Zwei Links zu Hinweisen, die ich bereits gab
Warren Simons fotografierte viele, viele Monate lang Pfützen. Immer wieder.
Das japanische Prinzip von Honkadori – die Melodie aufnehmen

Zurück zu meiner Reflektion dessen, was ich im Podcast hörte. Ich kann nicht mehr 100%ig unterscheiden was Melanie Raabe sagte und welche Gedanken in mir auftauchten – Entschuldigung dafür!
– Kreativ sein bedeutet Lösungen zu finden, vielleicht sind sie neu. (MR)
– Nicht von der Leistung her denken, sondern von der Freude, der Leichtigkeit (MR)
– Manche Menschen sind ausdauernd, manche fix – ich war immer schnell, deshalb ist offensichtlich Fotografie mein Ding.
– Inspirierend sind andere Menschen, ein Besuch eines Ortes, für den ich mir normalerweise keine Zeit nehme oder aber dem ich mich nicht zugehörig fühle. In Düsseldorf ist etwa das Foyer des schönen Schauspielhauses an einigen Tagen in der Woche zugänglich und du kannst dich dort einfach aufhalten. Eines meiner Highlights war vor einigen Jahren eine Verpätung unseres Zuges in Amsterdam, wir verbrachten den Abend in der nahegelegenen wunderschönen Bibliothek inklusive Dachterrasse.

Blackout Poetry üben
– Tanzen
– Allein sein – oder Daniel Schreibers gleichnamiges Buch lesen
– Immer schauen, was geht – vielleicht ist ein Tag mit der Kamera kein Flow Tag aber ich habe technisch etwas ausprobiert. Das eine ist nicht besser als das andere.

„Kreativität bedeutet sich in einen Zustand sinken lassen, dem Unterbewusstsein mehr Raum zu geben.“ schreiben Werder und Schuh in „Die Muse küsst“ Es wird die rechte und linke Gehirnhälfte unterschieden und diese Durchlässigkeit für Inhalte, die wir kennen, wenn wir unter der Dusche oder beim Gehen enen Aha-Moment haben, wenn uns etwas zufällt oder einfällt. Offenheit gegenüber der Welt bewirke synchronistische Ereignisse, (Werder/Schuh zitieren CG Jung) und es entsteht Verbundenheit, das Denken stellt sich nicht in den Weg.

Und oft helfen auch bei all dem Pausen und Entspannung, wir Miksang Praktizierende kennen das, plötzlich eröffnet sich dann etwas und ist 100% frisch und überraschend.

Vielleicht schreibe ich an diesem Text weiter, das Thema ist so groß und interessant. Für heute sende ich ihn euch und wünsche mir auch deine Reaktion: Was fällt dir ein, wenn du dies liest?

Ganz sicher höre ich jetzt das Buch ‚Kreativität‘ von Melanie Raabe

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